Seleuce
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Re: Die Stadt des Amun
Antworten #922 - 12/07/06 um 18:50:52
Isisnofret krabbelte und lief zwar noch immer die Nase, aber das war nicht so dramatisch, genügend Schnupftücher hatte sie sich in ihren kleinen Leinenbeutel gepackt, den sie jetzt an einem syrischen Gürtel befestigte, den sie vor einiger Zeit einmal auf dem Markt in Pi-Ramesse erstanden hatte. Auch sie hatte sich -passend zu ihrem Gatten- in Wolle gekleidet, etwas gänzlich neues für sie. Das dunkelblaue Gewandt war ein Tribut -oder ein Feldzugs-Mitbringsel?- und vor Jahren einmal ein Geschenk ihres Mannes gewesen und sie hatte es bisher noch nie getragen, weil sie -die doch eigentlich so schnell fror- die Vorteile des Gewebes bei Kälte noch nicht schätzen gelernt hatte. Aber als sie Sesu nun in seinem grünen, fremdländischen Gewandt sah, war ihres ihr wieder eingefallen und sie war grinsend über die Terrassenverbindung davongehuscht, in ihre Gemächer. Panewi war erstaunt und besorgt, daß ihre Herrin jetzt, nach so langer Zeit nach dem Kleidungsstück verlangte. Hatte sie etwa so hohes Fieber bekommen, daß sie sich NOCH dicker anziehen wollte? Sie hätte noch nicht aufstehen dürfen! Aber weit gefehlt, Isisnofret hatte gar kein Fiber mehr und erklärte ihrer Zofe nur schmunzelnd, diese solle nicht so viele Fragen stellen, sie hätte schon ihre Gründe. Die Dienerin mußte eine Weile suchen, zuerst hatte sie sogar befürchtet, es gar nicht mitgenommen zu haben, es am Ende aber doch gefunden und ihrer Herrin zu einem Unterkleid geraten, eben weil die Wolle kratzte, wie sie aus Erfahrung wußte. So war es dann auch geschehen. Den Bogen ihres Vaters in seiner ledernen, alt-verzierten Hülle würde sie auf dem Weg einfach ihrem Mann geben, dann würde jeder glauben, auch jene Waffe gehörte zu ihm und niemand würde sie seltsam ansehen. Zuletzt schnallte sie sich unter den weiten, ausgestellten Ärmeln der Wollgalabia den ledernen Unterarmschutz um, den sie unbedingt brauchte, weil ihr Ellenbogengelenk sich leicht überdehnen ließ und so die Sehne des Bogens beim Abschuß schnell dagegen schlug, ließ sich von Panewi einen syrisch angehauchten Nackenknoten flechten und stecken und darüber kam eine ebenfalls aus Wolle gefertigte, verzierte Kappe, auf der ein trapiertes, dunkelblaues Tuch festgenäht war, die zu ihrem Gewandt gehörte. Das ganze war praktisch und trotzdem wunderbare Tarnung, sie fühlte sich mit einem Mal ganz anders. Es war aufregend, in eine Rolle zu schlüpfen! "Hochverehrter Gatte, mein, wo bist duuuu..." zirpste sie, als sie wieder zurück zu ihres Mannes Wohnung gegangen war und nun mit einigem Gehabe in der Tür stand. Ärgerlich, daß sie jetzt niesen mußte, das zerstörte ja ihre Grazie!
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