Meritenramses
YaBB AdministratorHorusgeleit
   

Hm.t kA n pA kA aA n pA ra-Hr-Ax.tj
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Re: Die Stadt des Amun
Antworten #617 - 11/23/06 um 18:58:49
Ramses wachte mitten in der Nacht nach einem kurzen, aber sehr tiefen und erholsamen Schlaf auf und wusste im ersten Moment gar nicht, wo er war. Jedoch dauerte es nur den Bruchteil eines Augenblickes, bis er realisierte, daß es Isisnofret war, die ruhig neben ihm schlummerte. Sie lagen beide auf der Seite, einander zugewandt, und so eng beieinander, daß sich ihre Stirne berührten. Isisnofrets Hand lag -als hätte sie mitten in einer Liebkosung angehalten- unter seiner Wange, die andere auf seiner Brust, während sie fest von ihm umschlungen wurde. Langsam richtete sich Ramses, sich auf den Ellenbogen des Armes stützend, auf den Isisnofret ihren Kopf gebettet hatte, auf, um sie besser betrachten zu können. Sie seufzte leise und rutschte gleich wieder näher an ihn heran. Er begann, sie zu streicheln, zeichnete zärtlich die Konturen ihres Gesichtes nach und versuchte sie im weichen Mondlicht so genau zu erkennen, wie es ihm möglich war...alles, jedes Detail wollte er wahrnehmen...und dieses Mal fiel ihm deutlich der Unterschied zwischen ihr und den jungen Mädchen auf, deren Gesellschaft er in den letzten Tagen genossen hatte... Allein die äußerlichen Veränderungen...auf der einen Seite die ranken, schlanken Geschöpfe mit ihren straffen Leibern und festen Brüsten, auf der anderen Seite seine langjährige Gefährtin, deren Körper schon die ersten Spuren des Alters zeigte... Sieben Kinder hatte Isisnofret in ihrem Leib getragen, seine Kinder, und sie selbst genährt...wie sehr liebte er sie dafür...und um wieviel schöner sie ihm deshalb erschien als sämtliche seiner Konkubinen, von denen eine war wie die andere... Sie war eine reife, voll erblühte Frau...begehrenswerter und verführerischer für ihn als die Schar seiner jungen Gespielinnen, um so mehr, weil er sie von Herzen liebte... Er betrachtete sie mit innigen Blicken...es würde nicht lange dauern und er würde wieder in den Palast zurückkehren müssen...und küsste sie voller Zärtlichkeit auf den Mund: ein Versprechen, sie nicht mehr länger in ihrem Gefängnis schmoren zu lassen...Er war der König, sein Wille war Gesetz und niemand dürfte es wagen, daran zu zweifeln... Als sich der erste Silberstreif am Horizont zeigte, konnte er seine Rückkehr nicht mehr länger aufschieben. Ein letzter Kuß..."Schlaf noch ein wenig, Liebste," wisperte er ihr ins Ohr. "Ich komme bald wieder..." ...und weg war er... ******* ...gerade pünktlich zum Morgenritual erschien Ramses wieder in seinen Gemächern, ließ Iryiry und seine Kollegen ihren Dienst an ihm ausgiebig verrichten, wurde zu guter Letzt gesalbt, mit einem aufwendig gewickelten Plisseegewand bekleidet und geschmückt... Dann machte er sich mit seinem Gefolge auf in den Thronsaal. Als dessen Türen aufschwangen und Fanfaren sein Kommen ankündigten, legte er sich schon einmal die Worte zurecht, mit denen er gleich seinen Beratern seinen Entschluß mitteilen wollte... Wie erwartet rief die Ankündigung des Pharaos, die Quarantäne der zweiten GKG und ihres Hofstaates aufzuheben und sie wieder in den Palast zurückzuholen, das Entsetzen der königlichen Ratgeber und der Priester hervor, aber eine herrische, fast schon bedrohliche Geste des Herrschers, der mit seinem Krummstab auf die murmelnde Menge wies, erstickte jedweden Widerspruch im Keim und die Beamten wichen ängstlich zurück, befürchtend, daß sie sonst das Heka, daß dem Szepter innewohnte, sie niederstrecken könnte... Er trug jedoch den Priestern auf -damit sie etwas zu tun hatten und sich nicht übergangen fühlten- die Räumlichkeiten der zweiten GKG zu reinigen und mit einem besondern Schutz zu versehen, damit auch wirklich jedem Dämon vergällt wurde, sich darin aufhalten zu wollen. Mit sich und der Welt zufrieden verließ er den Thronsaal, verfasste eine Nachricht an seine Frau, daß sie ihre Truhen packen lassen und sich beeilen sollte, denn sonst würde eine große Isfet ausbrechen und er zugrunde gehen... Damit schickte er Tjay los, sich nach dem Ergehen der ersten GKG zu erkundigen. Ramses hatte Nefertari seit ihrem Gespräch neulich nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie schien ihn zu meiden und das bestärkte ihn nur noch mehr in der Auffassung, daß sie nicht mehr an ihrer Ehe festhalten wollte. Sicher wollte sie offiziell nicht von ihrem Amt als Königin zurücktreten -es wäre auch seinerseits kein besonders kluger politischer Schachzug, sie dessen zu entheben-, nur hinter den Kulissen wollte sie wohl nicht mehr die Rolle seiner Ehefrau ausfüllen. Warum sagte sie ihm nicht offen und ehrlich, was sie wollte, sondern ließ ihn im Unklaren über ihre Absichten?
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