Seleuce
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Re: Die Stadt des Amun
Antworten #600 - 11/22/06 um 08:26:49
"Nun, der Brief war laut des Überbingers nicht in der Hand der zweiten GKG, höchster Herr, aber ich will alles genauso tun, wie ihr es sagt," erklärte Tjay steif und amtlich freundlich, wie stets und lief also pflichtbewußt los, verständigte zwei der Priester, die seit des Auftauchens des unseligen Kindes den Palast nicht mehr verlassen hatten und wanderte mit denen wiederum dann zum Palasttor, um bei dem Wachposten den Brief in Empfang zu nehmen. Er ließ das Schreiben nicht aus den Augen, während die heiligen Männer ihn mit allerlei unverständlichem Gebrabbel bemurmelten und übermäßig einräucherten, bis man nur noch Rauch erkennen konnte. Tjay verzog bei dem Vorgang keine Miene und als die Priester endlich fertig waren und ihm gestatteten, die Schriftrolle zu berühren, nahm er sie flux an sich und eilte damit zu seinem Herrn und König zurück. Mit einem tiefen Bückling streckte er Isisnofrets Brief über den Schreibtisch dem König entgegen... Isisnofret hatte sich natürlich mit privaten Äußerungen mehr als zurückgehalten, denn da sie ihn einem Wachmann diktiert hatte, waren Intimitäten irgendeiner Art unmöglich gewesen, die einzigen, denen sie einen wirklich vertraulichen Brief diktieren würde, wenn sie nicht anders könnte, wären Panewi oder Tabetjet, aber ihre Freundin war in Pi-Ramessu und Panewi selbst im "verseuchten" Haus und somit als Überbingerin nicht geeignet gewesen! Jedoch erzählte sie ihrem Mann ziemlich ausführlich von ihrer Sicht der Dinge, erklärte ihm, daß auch sie den Jungen anhand seines außergewöhnlichen Erscheinungsbildes nicht für vollkommen normal hielt, aber weit Abstand davon nahm, ihn für böse oder besessen zu halten, erinnerte daran, daß die Allgemeinheit eben schnell voreiligen Schlüssen zog, wenn etwas nicht der Norm und dem gewohnten Bild entsprach und beschrieb die Verhaltensweisen, die der Säugling an den Tag legte und die nicht weiter auffällig waren, als unbedenklich, abgesehen nur davon, daß sie den kleinen Kerl für sehr still hielt, so weinte er wenig und nur, wenn es gar nicht anders ging. Sie erwähnte zurückhaltend auch, daß sie Ramses und die Kinder sehr vermißte, obgleich sie nicht übermäßg drängte, in den Palast zurückzukehren, sah ein, daß ihr Mann aus diversen Gründen sicher gezwungen war, zu handeln, wie er es tat, aber daß er, so bat sie ihn vorsichtig, nicht außer acht lassen sollte, daß nicht jede ungewöhnliche Erscheinung zugleich auch ein böses Machwerk der Unterwelt sein mußte. Kurzum, sie klang besonnen, vernünftig und durchdacht, wie stets, wenn es um ernste Dinge ging, erwähnte am Ende noch eine Amme, die sie für das Kind gefunden hatten, die nun aber schrecklichen Kummer litt, weil Isisnofret aus einem Irrtum heraus ein Versprechen hatte brechen müssen. Sie hatte der Frau zugesagt, daß sie jeden Abend wieder zu ihrer Familie am Stadtrand zurückkehren dürfte, aber die Wachleute ließen nichts wieder aus dem haus heraus, das dort einmal eingetreten war, schon gar nicht, wenn die Person so direkten Kontakt mit dem Jungen gehabt hatte. Am ende berichtete sie auch noch, daß sie das Baby Meri-su-nach genannt hatte und hoffte, daß diese unangenehme Geschichte bald ein Ende haben würde! Sie verabschiedete sich mit den üblichen, preisenden Floskeln, die sie nicht hatte weglassen können, da sie nun einmal diktiert hatte, aber "Ich liebe dich!" hatte sie nicht weglassen können, sollte der Gardist denken was er wollte, DAS war sicher nicht verboten und keine Beleidigung der Unantastbarkeit des göttlichen Herrschers!
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