Seleuce
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Re: Die Stadt des Amun
Antworten #1969 - 01/27/07 um 17:49:59
"Großmaul," ranzte Ramessu seinen Halbbruder an, ob Nefertari das nun hörte, war ihm egal, war ja die Wahrheit. Paraherwenemef war vollkommen ungenießbar geworden, am besten war es, er verschwand wieder nach Sile, irgendwie kam kaum noch einer mit ihm zurecht! Aber Ramessu ließ sich nicht so leicht provozieren, er hatte ja ein dickes Fell und zudem ein wenig Langmut von seiner Mutter geerbt und stand über der überheblichen, selbstherrlichen Art, die sein Halbbruder an den Tag legte. Dabei erstaunte es ihn gerade, daß er so ehrlich sagte, daß er den Stier nicht gefangen hatte... Stierjagd... ach, das war wahrscheinlich nur ein Korn im Gemäuer dessen, was hier alles abgegangen sein mußte. Bevor er sich also von dem Blödmann die Stimmung verderben ließ, schnappte er sich lieber Tawai und Henut zugleich, die erschrocken auffipten und zog sie auf die Tanzfläche... Apropos seine Mutter, wieso war die denn nicht da? ************** Weil diese immer noch im Park spazieren ging und ihren Gedanken nachhing, versuchte, das Geschehene zu verarbeiten und sich verzweifelt an ein paar Tage zu erinnern, die irgendwie wie ausgelöscht waren aus ihrem Herzen. Ein paar Tage, die schon zwei-drei Dekaden zurück lagen... Ihr Haar war kürzer, aus diesem Grunde hatte sie sich wieder an ihr Opfer im Hahtortempel erinnert und aus dem selben Grund war ihr aufgefallen, daß sie nicht mehr wußte, was sie die Zeit unmittelbar danach getan hatte... seltsam... Und dann waren da diese komischen Träume von Ba-Vögeln und einer blattlosen Sykomore und Ramses. Offenbar, weil sie sich so sehr gewünscht hatte, mit ihrem Mann sprechen zu können, hatten sie diese Träume aufgesucht... Wie dem auch war, sie hatten ihr über eine schwere Zeit hinweggeholfen. Der Abend war noch immer frisch um diese Jahreszeit und allmählich, da die Sonne nun verschwunden war, begann sie zu frösteln. Ta-ini hatte sich nach ihrer wilden Verfolgungsjagd mit einem dreisten Wiedehopf, der sie gar schrecklich gefoppt hatte, weil der Vogel sich nicht hatte fangen lassen, Trost suchend zu ihrer Mama verkrümelt und sich satt getrunken. Nun schlief sie, erschöpft von ihren Abenteuern, tief und friedlich an Isisnofrets Schulter. Von weitem hörte Isisnofret den Lärm der feiernden Gesellschaft, die ausgelassen die Rückkehr des Königs bejubelten und begossen. Das sollten sie nur, die schlimmste Zeit war nun ja hoffentlich überstanden. Sie fühlte sich nur nicht nach Feiern und Gesellschaft zu Mute, würde ihren geliebten Sohn Ramessu morgen in privaterem Rahmen erst einmal richtig begrüßen und ließ den jungen Leuten jetzt lieber ihren Spaß, der, wenn die Eltern anwesend waren, das wußte sie genau, immer ein wenig überschattet wurde. Das ging ihr ja auch nicht anders... Als sie nun begann, zu zittern, weil mit einem Mal die Bodennebel aufstiegen und es rasch noch weiter abkühlte, entschied sie sich letztlich, zurück zum demolierten Palast zu gehen... Ihr Baby, das ganz weich und biegsam wie ein Stoffpüppchen alles mit sich geschehen ließ, wusch sie sacht, um es nicht wieder gar zu sehr aus dem Schlaf zu rütteln, dann bettete sie es liebevoll, sang noch ein Liedchen, damit es wieder fest einschlummerte und begab sich zu Iryiry, um nachzufragen, wie es dem König jetzt ging.
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