Seleuce
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Re: Die Stadt des Amun
Antworten #1034 - 12/10/06 um 19:35:30
Da Amuneminet leider keine einschneidenden zusätzlichen Informationen von Nefertari erhalten konnte, hatte er sich wieder den Protokollen seiner Untergebenen zugewandt, die in der Stadt überall spionierten. Wenigstens die Sache um das Findelkind wollte er aufklären und beschloss dazu, selbst und allein am Abend auf Spurensuche in der Stadt zu gehen. Er hatte sich unauffällige Kleidung über gezogen, ein schlichtes weißes Meseshemd, das nicht mehr das allerbeste war, ein ebenso einfacher Gürtel um die Taille, ein Überwurf, weil es nach Sonnenuntergang gleich ungeheuer abkühlte und gewöhnliche Binsensandalen schützen seine Füße vor dem Unrat auf den Straßen. Er sah aus wie einer von hunderten einfacher Händler, oder anderer Mittelstandsbürger. Zu Fuß machte er sich auf den Weg in die Altstadt an den Rand von Ascheru, wo die angeblichen Eltern des ausgesetzten Babies lebten. Doch er kam nicht weit... Offenbar war seine Tarnung nicht schlicht genug gewesen... drei Strauchdiebe, die es um die Nachtstunden überall auf Opfer abgesehen hatten, die sie berauben konnten, versperrten ihm in einer Seitengasse, die dunkel und nicht patrouilliert war, den Weg und verlangten, was er an Werten am Leibe trug. Ameni hatte aber nichts als zwei drei Kupfer- und Silberringe mitgenommen, falls es nötig sein würde, jemanden zu bestechen. Den Dolch, den er zücken wollte, weil er hier mit Vernunft wahrscheinlich nicht weiter kommen würde, schlug ihm ein vierter der Halunken, der unvermutet von hinten auftauchte aus der Hand und bog ihm den Arm auf den Rücken. Ungeduldig verlangten sie, daß er endlich ALLES herausrückte, was er bei sich hatte, aber er trug ja nicht einmal Schmuck heute! Wütend über die winzige Ausbeute traten die Kerle auf den Freund des Königs ein, der sich gegen die Vier nur beschwerlich verteidigen konnte. Als aber endlich doch ein kleiner Stadtwachtrupp um die Ecke bog, ließen sie endlich von ihm ab, gaben sie Fersendeben und wetzten die Gasse entlang davon. Ameni wollte das nicht hinnehmen und sprang, trotz blutender Lippe und schmerzenden Rippen auf die Füße und jagte, gefolgt von dem Wachtrupp hinterher. Dann nahm das Elend seinen Lauf: Da es so fürchterlich dunkel war, sah er das Gerümpel auf dem Weg nur sehr schwerlich. Die größte Gefahr hatte er mit ein paar kleinen Blessuren überstanden und nun stolperte er ausgerechnet über den einen bodennahen Strick, an dem ein schlafender Esel angebunden war. Er stürzte ziemlich unglücklich in einen Geröllhaufen, der wohl zu der Bruchbude daneben gehörte. Der Esel erschrak und sprang auf, bevor Ameni sein Bein aus dem Strick ziehen konnte, und begann herumzuspringen. Ein entsetzlicher Schmerz folgte und Ameni schrie auf, brüllte, jemand solle das Tier beruhigen. „MEIN BEIIIIIN, VERDAMMT,“ schrie er vor Schmerzen fast betäubt. Ein knackendes Gefühl folgte und der Freund des Königs hatte umgehend den Eindruck, daß das nichts gutes bedeuten konnte. Endlich kamen zwei der Soldaten herbei und kümmerten sich um den aufgeregten Esel. Der Besitzer sprang aus dem Haus, geistesgegenwärtig übernahm er und besänftigte sein Reittier und endlich gelang es, Amuneminet von dem Strick zu befreien, der um sein Schienbein gewickelt war. Aber immerhin hatten die anderen Wachsoldaten die Diebe gefaßt... Es hatte recht lange und Ameni all seine Überzeugungskraft gekostet, den Wachen klar zu machen, daß sie ihn in den Palast bringen sollten. Laufen konnte er nicht, sein Bein gluckste dumpf und war mächtig angeschwollen, auftreten war unmöglich! Die Wachen waren skeptisch gewesen, aber nun, vielleicht war der Mann ein Bediensteter am Hof, einen gepflegten Eindruck machte er ja. Da sie ohnehin zur Residenz des Pharaos mußten, um die Diebe im Hauptkerker abzuliefern, willigten sie schließlich ein, ihm zu helfen...
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